Johanna Kirnbauer ist Quereinsteigerin mit tiefen Wurzeln in der Landwirtschaft. Bäuerin zu werden war zunächst nicht ihr Ziel, obwohl sie schon als Kind an der Arbeit ihrer Großeltern und Eltern interessiert war. Dennoch hat sie sich für ein technisches Studium in Wien entschieden. Nach einigen Jahren hat es sie aber aufs Land zurückgezogen, um den familiären Ackerbaubetrieb zu führen. Nun setzt sie Schritt für Schritt ihre Ideen um. Ihre Leidenschaft gilt vor allem dem Gemüse.
Johanna steht alle paar Wochen am Pinkafelder Bauernmarkt um ihre Jungpflänzchen, Gemüse und Sonnenblumenöl zu vermarkten
Die Junglandwirtin aus Riedlingsdorf bewirtschaftet einen vielfältigen Bio-Acker- und Gemüsebaubetrieb. Kultiviert wird vor allem Weizen, Sojabohnen, Trititcale und Sonnenblumen, außerdem Gemüse wie Kartoffeln, Zwiebeln, Knoblauch, Salate, Süßkartoffel, Paradeiser, Paprika oder Bohnen. Während sie das Getreide an den Großhandel verkauft, vermarktet sie Sonnenblumenöl, Jungpflänzchen und Gemüse vor allem direkt an Konsumentinnen und Konsumenten. Außerdem kann man ihre Produkte bei Adeg Lang und im Riedlingsdorfer Bauernladen kaufen. Was mich besonders freut ist, dass sie öfters am Pinkafelder Bauernmarkt mit ihren Produkten steht ;-). Dieser findet immer Freitags von 13 bis 17 Uhr statt.
Johanna's Jungpflänzchen
Johanna kann auf jahrzehntelanges Wissen und Know how im Gemüseanbau zurückgreifen. Ihre Ururgroßmutter, ihre Urgroßmutter und ihre Großmutter waren weit über die Riedlingsdorfer Grenzen hinaus für ihr gutes Gemüse bekannt. Vor kurzem eröffnete eine Sonderausstellung im Pinkafelder Stadtmuseum über "Unsere Nachbarn. Die Riedlingsdorfer Zwiefler", wo es unter vielen interessanten Schaustücken auch einen Zeitungsartikel in der Burgenländischen Volkszeitung über den Gemüseverkauf ihrer Urgroßmutter Theresia Kirnbauer gibt. Sie wird dort als älteste Biobäuerin betitelt und über ihr Gemüse und die Tradition des Oberwarter Wochenmarktes berichtet.
Schaustücke der Sonderausstellung "Unsere Nachbarn. Die Riedlingsdorfer Zweifler." im Pinkafelder Stadtmuseum
Johannas Eltern haben den landwirtschaftlichen Betrieb im Nebenerwerb geführt und mit dem arbeitsintensiven Gemüseanbau aufgehört. Deshalb wurde vor vielen Jahren der Acker, wo jahrzehntelang Gemüse gewachsen ist, zu einer Wiese umfunktioniert. Nun hat Johanna wieder mit dem Gemüseanbau begonnen und Schritt für Schritt entstehen hier wieder Beete. Zusätzlich stellt sie auch Folientunnel auf.
Aus der Wiese entsteht wieder Schritt für Schritt ein Gemüseacker
Erdäpfelfeld
Kräuterhügel
Selbst gebaute Regenwasserzysterne
Bei meinem Besuch sind auch ihre Großeltern dabei, die mit viel Leidenschaft ihren Hof bewirtschaftet haben. Ein bisschen Wehmut schwingt aber dennoch bei ihrer Oma mit. Sie hat in der Schule immer gut gelernt und wäre gerne in die Hauptschule, und danach in die Handelsschule gegangen. Aber sie durfte nicht. Sie erzählt, dass es damals geheißen hat, dass ein Dirndl, das in die Hauptschule gehe, später nichts mehr arbeiten mögen würde. Das ärgert sie bis heute. Deshalb war es ihr wichtig, dass ihre Enkelin die Möglichkeit hat, was "Gescheites" zu lernen.
Johanna hat sich bewusst für die Landwirtschaft entschieden und damit auch einen ganz anderen Zugang zum Beruf. Wenn junge Menschen aus eigenem Antrieb einsteigen und ihrer Leidenschaft folgen können, bringen sie oft frische Ideen, neue Technologien und innovative Ansätze mit. Neu- und Quereinsteigern stehen heute umfangreiche Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten zur Verfügung. Das Ländliche Fortbildungsinstitut, landwirtschaftliche Verbände und die Landwirtschaftskammer unterstützen die Betriebe und bieten Beratungen, Zertifikatslehrgänge, Seminare und Kurse zu sämtlichen Sparten in der Landwirtschaft.
Im Interview erzählt mir Johanna, warum der sich für den Beruf Landwirtin entschieden hat, was ihren Betrieb auszeichnet und was die größten Herausforderungen sind.
Carina Laschober-Luif: "Warum hast du dich für den Beruf Landwirtin entschieden?"
Johanna Kirnbauer: "Interesse an der Landwirtschaft hatte ich schon als Kind. Nach der Matura habe ich mich für ein technisches Studium entschieden, aber mit der Zeit habe ich gemerkt, dass das nicht das Richtige für mich ist. Ich arbeite gerne mit der Händen und mag die Vielseitigkeit in der Landwirtschaft. Ich bin gleichzeitig Unternehmerin, Produzentin und Managerin. Es ist schön die Natur mit zu erleben und mit dieser zu arbeiten."
Carina Laschober-Luif: "Was zeichnet deinen Betrieb aus?"
Johanna Kirnbauer: "Für den Gemüsebau ist die Wasserversorgung wichtig. Um Ressourcen zu sparen, habe ich die ehemalige Güllegrube meiner Großeltern als Regenwasserzysterne umfunktioniert. Von dort werden die Beete mittels Tröpfenbewässerung versorgt, das spart Wasser. Ich achte generell darauf Vorhandenes zu nutzen. So habe ich den alten Stall als Lager umfunktioniert und verwende Maschinen und Geräte, mit denen wir am Betrieb schon seit Jahrzehnten arbeiten. Nützlinge spielen eine entscheidende Rolle im Gemüseanbau. Daher achte ich darauf, ihnen einen entsprechenden Lebensraum durch Hecken, Verstecke und Rückzugsorte zu schaffen. Generell ist mir eine ausgewogene und vielfältige Fruchtfolge wichtig. Und wir vermehren Saatgut wie Bohnen, Rüben, Vogerlsalat oder Spinat selber."
Carina Laschober-Luif: "Mit welchen Herausforderungen hast du zu kämpfen?"
Johanna Kirnbauer: "Da ich sozusagen eine Quereinsteigerin bin, habe ich noch nicht nicht so viele Erfahrungswerte und muss mir diese erst erarbeiten. Allein wenn ich an das Etikett für mein Sonnenblumenöl denke, ist es eine Herausforderung alle notwendigen Informationen abzubilden, die aufgrund der Lebensmittel- und Biorichtlinie oben stehen müssen. Die Bürokratie insgesamt ist nicht ohne. Zum Glück kann ich auf das Netzwerk von meinem Papa zurückgreifen. Er kennt viele Bäuerinnen und Bauern und von diesen bekommt man oft wertvolle Informationen. Auch wenn es ein großer Vorteil ist einen Familienbetrieb zu führen, so ist es manchmal auch nicht ganz einfach, wenn drei Generationen zusammenkommen und jeder seine Idee für am besten hält."
Foto mit Johanna Kirnbauer
Mehr Informationen gibt es hier =>
Ich bin überzeugt: Regionale Herkunft hat Geschmack, auch in Zukunft. Die Lebensmittelerzeugung vor Ort bringt Sicherheit in der Versorgung, Wertschöpfung in die Regionen, sichert Arbeitsplätze und schont durch kurze Transportwege unser Klima. Damit unsere landwirtschaftlichen Familienbetriebe auch weiterhin ihre wertvolle Arbeit für die Gesellschaft erfüllen können, brauchen sie gute politische Rahmenbedingungen. Hier kann und muss auch das Land Burgenland aktiv werden. Dafür setze ich mich jetzt und auch in Zukunft ein!
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